Mit sieben Jahren flog Johanna ans andere Ende der Welt. Mit ihren Eltern nach Papua-Neuguinea, wo ihr Vater als „Weltverbesserer“ Entwicklungshilfe in einem Krankenhaus leistete. Was in Kinderbüchern als spannende Abenteuer in fremdem Kulturkreis erzählt würde, verarbeitete Johanna mehr als vier Jahrzehnte später in einem Buch, das wie eine Aufarbeitung von Kinderjahren daherkommt. Aus diesem Buch mit dem Titel „Eingepackt & Mitgenommen“ las Johanna Schmotz am Montag (22. September) im Bürgertreff.
Johanna Schmotz stellte Abschnitte aus dem Buch mit meist negativ grundierten Erinnerungen vor: von „Minidrachen“ auf der Bettdecke und vom Juckreiz auf Kopfhaut, der sich als Lausbefall entpuppte. Von einem unangenehmen Empfang in einem Krankenhaus („vier weiße Schachfiguren inmitten von unendlichen vielen schwarzen Schachfiguren“) mit Fledermaus-Suppe als Festessen und vom einstündigen Fußmarsch in eine Busch-Schule. Von der Scham auf einem Primitiv-Klo und einer Japanerin auf einem Oktoberfest im Busch, die sich mit ihrem Dirndl lächerlich machte. Ihren sprachlich ausgefeilten Schilderungen in oberbayerischer Sprachfärbung zuzuhören, war ein Vergnügen.
Zwischen den Textabschnitten berichtete Johanna Schmotz, dass sie sich „herausgerissen aus der westlichen Kultur und hineingeworfen in die Steinzeit“ gefühlt habe. „Whiteskin“ unter den vielen People of Colour gewesen zu sein, habe sie bedrückend erlebt. Da sei nichts gewesen von „sozialromantischen Vorstellungen“, die andere bezüglich des Lebensalltags in Papua-Neuguinea äußersten.
Das Buch ist quasi eine verschriftlichte Auseinandersetzung mit den Eltern, denen die Autorin vorwirft, sich in Papua-Neuguinea drei Jahre lang um vieles gekümmert zu haben, aber nicht um sie und ihren kleinen Bruder. „Wie resilient waren wir mitgenommenen Kinder?“, fragt sie sich heute. Und wie werden Familien heute für einen Einsatz und das Leben in einer anderen Kultur vorbereitet? Erst nach 40 Jahren habe sie erfahren, dass sie kein „Einzelschicksal“ sei, sondern auch andere „Missionary Kids“ zwischen Kulturen „switchen“ müssten.
Johanna Schmotz hat nach eigenen Angaben beim Schreiben ihres Buchs diese bedrückende Zeit mit ihren Eltern aufgearbeitet und sei dankbar dafür. Sie forderte dazu auf, bei Auslandseinsätzen von Familien immer auch den Blick von Kindern einzunehmen.
Das Buch „Eingepackt & Mitgenommen“, das im Erlanger Verlag erscheint, wird bei der Frankfurter Buchmesse erstmals offiziell vorgestellt. Die Lesung im Bürgertreff im Rahmen der Interkulturellen Woche, die das Bündnis für Demokratie und Zuisammenhalt in Neuendettelsau ausrichtet, kam auf Vermittlung von Ulrike und Reinhard Hansen zustande. Für das Bündnis begrüßte Jürgen Hönig 45 Gäste, von denen viele Papua-Neuguinea kennen.

