Mit Gottvertrauen ins Abenteuer

Wer würde heute ein altes Damenfahrrad ohne Gangschaltung nehmen und sich ganz allein auf eine Tour durch halb Europa machen? Ohne Handy, ohne Navigationsgerät, sich auf die Beschreibung in einem Buch verlassen und nicht zu wissen, wo man abends sein Haupt bettet?! Diakonisse Lina Krumpholz hat genau das getan, weil sie ein klares Ziel vor Augen hatte: das Grab des Apostels Jakob in Santiago de Compostela. Das war vor 25 Jahren. Am Donnerstag (6. März) hat sie im Bürgertreff erstmals darüber öffentlich gesprochen.

Schwester Lina war nach eigener Einschätzung ein sportlicher Typ und gerne mit dem Fahrrad unterwegs. Auch mal mehrere Tage am Stück. Als sie in den Ruhestand trat, nahm sie sich mit der Tour in die nordspanische Stadt aber etwas vor, was alles Vorangegangene übertraf. Sie verbesserte ihr Englisch, lernte etwas französisch und kaufte eine Zugfahrtkarte für sich und ihr altes Fahrrad (das neue wollte sie schonen) nach Straßburg. Dort traf sie auf das erste Hindernis, das ihr Vorhaben gefährdete: Ein Mann demolierte eines der Laufräder, so dass sie den Schaden erst einmal beheben lassen musste.

Von St. Etienne aus trat sie täglich in die Pedale, machte Station in Orten wie Le Puy, besuchte Kirchen, übernachtete meist in Pilgerherbergen, schlief im Zentralmassiv aber auch drei Nächte in der freien Natur. Die Steilstücke über die Pyrenäen musste sie schieben, die Hitze in Spanien setzte ihr zu. Glücklich und beseelt war sie, schließlich in Santiago angekommen zu sein und das Grab des Apostels zu sehen.

Im voll besetzten Bürgertreff berichtete Schwester Lina anhand ihres Tagebuchs, das sie in einem großen Schulheft geführt hatte. Margret Beer hatte sie zu dem Vortrag ermuntert, die eingeklebten Fotos digitalisiert und die Einträge abgeschrieben. Der spannende Vortrag, gespickt mit vielen bleibenden ganz persönlichen Erinnerungen, ließ die Besucher (fast ungläubig) miterleben, mit welcher Zuversicht und Selbstsicherheit die Diakonisse ihre Pilgerfahrt auf Jakobs Wegen unternahm. Sie habe im Vorfeld nicht darüber nachgedacht, was alles hätte passieren können, räumte sie ein.

Auch ihr Vortrag vor öffentlichem Publikum, war der erste für die 89 Jahre alte Diakonisse. In gewisser Weise auch ein Abenteuer für die freundliche,zurückhaltende Seniorin.

Kommentar verfassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Nach oben scrollen