Streifzug durch die Baugeschichte

Wie sich doch ein Ort innerhalb eines Menschenlebens verändern kann! Vermutlich weniger jene Städte, die im Mittelalter oder in der frühen Neuzeit ihr Zentrum entwickelt haben und heute als historisches Ensemble geschützt sind. Aber ein ehemaliges Bauerndorf, das erst durch eine günstige Fügung und dann durch das “Wirtschaftswunder” zu einem modernen Ort geworden ist … etwa Neuendettelsau … Günter Kohlmann hat anhand historischer und aktueller Fotos gezeigt, wie unser Dorf sein Gesicht komplett verändert hat. Sein Bildervortrag war der Auftakt der Eröffnungswoche im Bürgertreff.

Bevor Pfarrer Wilhelm Löhe die Diakonissenanstalt gründete, lebten in Neuendettelsau, in den Bauernhäusern rund um das Schloss, etwa 450 Menschen. Als dann die Diakonie als quasi eigenes Gemeinwesen am Dorfrand wuchs, vergrößerte sich die Gemeinde auf etwa das Siebenfache (im Jahr 1939). Und seitdem hat sich die Einwohnerzahl mehr als verdoppelt. Ein Luftbild zeigt, wie das Dorf in alle Richtungen in die Landschaft hineingewuchert ist. Auch im Zentrum stehen – abgesehen von St. Nikolai (allerdings inzwischen auch ein “Neubau”), Schloss, Löhehaus, Gasthof “Sonne” und “Bäckerhaus” – kaum mehr Gebäude aus der vorletzten Jahrhundertwende.

Geblieben ist die Hauptstraße, die Ortsdurchfahrt. Wo früher in gemächlichem Tempo Ochsen- und Pferdefuhrwerke unterwegs waren, fahren heute ziemlich flott Autos und Lkw, jeden Tag mehrere tausend in beide Richtungen und bedrängen Fußgänger und Radfahrer. Die Engstelle an der Nikolaikirche ist geblieben, andere (etwa nördlich des Löhehauses, wo der Schuster wohnte und die Schule stand) wurden durch Abbruch beseitigt. Und viele Bäume mussten Parkplätzen weichen.

Günter Kohlmann zeigte diese Häutungen Neuendettelsaus ausführlich mit seinen Fotos auf, davon viele aus Privatarchiven, ergänzt mit Erinnerungen und Geschichten aus seinem reichen Fundus. Fast zwei Stunden waren die rund drei Dutzend Gäste aufmerksame Zuschauer und Zuhörer.

Unser Ort wird sich in den nächsten Jahren weiterhin häuten, sein Ortsbild verändern. Das hat vor allem mit dem Integrierten Entwicklungskonzept (ISEK) zu tun, an dem die Gemeinde gemeinsam mit Planungsbüros gerade arbeitet. Ein paar absehbare Beispiele: Der “Grüne Baum” soll abgebrochen und durch einen Neubau ersetzt werden, das Löhehaus wird seinen Anbau verlieren, auf einem Teil des Missionsgeländes soll das “Gemeindecentrum EineWelt” entstehen. Und was mit der alten VR-Bank, früher das Postgebäude, geschieht, ist noch offen. Es gibt Überlegungen, es abzubrechen und durch einen Neubau zu ersetzen. Was sehr schade wäre: Das Jugendsil-Gebäude ist ein Zeugnis der Dettelsauer Baugeschichte und ebenso ortsprägend wie Löhehaus und Nikolaikirche.

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