Kulturgeschichte, Geografie, Politik, Biografie eines Wanderers zwischen Kontinenten – und das alles verpackt in Liedern in verschiedenen Sprachen. Das bot der „Musikalische Feierabend“ im Bürgertreff am vergangenen Freitag (7. Februar) mit Geraldo Grützmann. Eine sehr lehrreiche und kurzweilige Veranstaltung, gehobene Unterhaltung im besten Sinne.
Geraldo Grützmann, Pfarrer aus Rio Grande do Sul (Großstadt am Atlantik im Süden Brasiliens), hat viel zu erzählen. Seine Vorfahren kommen aus Hinterpommern (heute Polen). Auf der Suche nach einem besseren Leben wandern sie aus und landen unweit der Grenzen zu Uruquay und Argentinien in der brasilianischen Pampa. Sie haben ihre Sprache mitgebracht – das „Pommersche Platt“, das heute fast nur noch in Grützmanns Heimat gesprochen wird. Und er beherrscht diesen seltenen Dialekt noch: singt Lieder in Platt, erzählt einen Witz in Platt. Gerne auch mit Übersetzung.
Aber Geraldo Grützmann ist als Brasilianer vor allem Vertreter seiner Heimat. Entsprechend zeigt er sich dem internationalen Publikum im Bürgertreff. Mit Boina (Baskenmütze) und Panuelo (Halstuch), mit Bombacha (weite Hose) und Faja (breiter Gürtel). Aufs Messer im Gürtel hat er verzichtet. Zwischendrin trinkt er Chimarrao mit der Bombilla aus einer Kalebasse. Viele Lieder singt er in portugisisch, manche in deutsch. Da werden die Unterschiede in der Lebensart und im Lebensgefühl deutlich. Bei machen Vorträgen hätte man eine flotte Sohle aufs Parkett legen können (wäre der Raum nicht von Gästen voll gewesen).
Der Abend wird zu einer unterhaltsamen Lehrstunde. Er gibt Einblick in geschichtliche Bezüge und kulturelle Verflechtungen. Und ist unterlegt mit Friedensappellen. Der Pfarrer, der schon in den 1980er Jahren an der Augustana-Hochschule Neuendettelsau studiert hat, bringt auch seine christlichen Überzeugungen in einigen Liedern ein. Etwa ein „Kyrie“ und eine Vertonung des 46. Psalms. Allerdings in Rhythmen – unter anderem Bossa Nova -, die für deutsche Ohren nicht nach evangelisch-lutherischer Kirche klingen. Sie berühren die Gäste, ebenso wie das brasilianische Abendlied zum Ende des eineinhalbstündigen Vortrags.