Die griechischen Götter hatten Sisiphus hart bestraft: Ständig musste er den schweren Felsbrocken den Berg hochrollen mit dem Ergebnis, dass dieser kurz vor dem Ziel in Tal zurückkullerte. So berichtet die Sage. Aber tatsächlich gab’s für den unbotsamen König von Korinth ein versöhnliches Ende: Die Erkenntnis, dass sich Mühsal lohnt. So jedenfalls endet das Märchen, mit dem Hans Rößler die Kunstausstellung von Reinhard Zimmermann beschloss.
Die Finissage fand ohne den Maler statt. Der urlaubte auf einer südlichen Insel und ließ Grüße ausrichten. Er versäumte nicht nur die Rößlersche Rezitation von fünf Geschichten aus den „Spirituellen Märchen“, sondern auch die Musik der vierköpfigen Gruppe „Near Enough“. Die Stücke der reduzierten „Spinning Coin“ bildeten einen fetzigen Kontrapunkt zu den meditativ-lehrreichen Märchen aus der Feder des Neuendettelsauer Germanisten. Deren Faszination konnten sich die Gäste angesichts der klaren Stimme und sparsam-bedacht eingesetzten Mimik des Vorlesern nicht entziehen.
Im Märchen vom Eisernen Heinrich klärt Hans Rößler Fragen, die bei Grimms Froschkönig unbeantwortet bleiben: Warum springen dem Heinrich drei eiserne Bänder von der Brust, als er den gewandelten Frosch und die frisch verliebte Prinzessin in der königlichen Kutsche begleitet? Das Märchen von der Prinzessin Vanessa, die drei Wünsche einsetzte, um sehr unterschiedliche Lebenserfahrungen zu sammeln und letztlich eine perfekte und lebenstüchtige Adelige abgab, ist durchaus ein Lehrstück. Was sollen junge Leute lernen, um in einer komplizierten Welt ihr Leben zu meistern? Die Vogelfreundin im Märchen vom Zwitschersack und der alte König, der nicht loslassen konnte von seiner Macht, waren Charaktere, denen man auch heute noch vielfach begegnet.
Die Finissage war so ein kurzweiliger Abend, durch den Walter Hacker führte. Ein letztes Mal gab es ausreichend Gelegenheit, die farbkräftigen, beeindruckenden Bilder des Künstlers Zimmermann auf sich wirken zu lassen. Im Laufe der Woche werden sie abgehängt. Der Bürgertreff wird nackt aussehen – bis neue Bilder aufgehängt sein werden.