Nein, wegen Überfüllung wollten wir Besucher*innen nicht abweisen. Also kamen noch alle verfügbaren Gartenstühle in den Bürgertreff, die Menschen rückten zusammen, vorne setzten sich einige auf den Boden, hinten begnügten sich andere mit Stehplätzen. Es war fast eine Atmosphäre wie im Immeldorfer Gasthaus, als das Dorfkino den Film “Walter und sein Roß” am Samstagabend (2. November) zeigte. Kurzfassung des Kinoabends: Toller Film, tolles Publikum!
Walter Hertle, der kauzige Wirt vom “Weißen Ross” in Immeldorf, ist ein Unikum mit Charakter und Gradlinigkeit. Oft unorganisiert, mitunter leicht chaotisch, aber klar in seinem Ziel, das Jahrhunderte alte Gasthaus in dem Dorf an der Rezat als Musikkneipe für von Rockmusik Begeisterten am Leben zu erhalten. Was ihm seit seiner Übernahme vor 46 Jahren erfolgreich gelungen ist. Der Erfolg liegt nicht darin, dass er reich geworden wäre. Sondern dass das “Roß” heute der einzig öffentliche Raum in dem vom Strukturwandel schwer gebeutelten Dorf ist.
Das arbeitet Thomas Kupser in dem vor zwei Jahren veröffentlichten Film professionell, aber mit der Empathie eines dort sozialisierten Gasts heraus: indem er Weggefährten zu Wort kommen lässt, die ihn als bescheidenen und hilfsbereiten Philanthropen beschreiben, und Dorfbewohner, die einen kritisch-liebevollen Blick auf das Gasthaus und seinen Wirt werfen – in der Anfangszeit (als das “Weiße Roß” als Fremdkörper und Haschkneipe wahrgenommen wurde) eher kritisch, heute (da das Gasthaus Kult ist und dessen Wirt Teil der Dorfgemeinschaft) eher liebevoll.
Das “Weiße Roß” hat Generationen von Jugendlichen aus dem östlichen Landkreis Ansbach geprägt. Als Ort, wo man ohne Rücksicht auf Konventionen ausspannen und abhotten kann, wo man Freund*innen trifft und Ideen spinnt, wo Musik unterschiedlicher Stilrichtungen und Qualität die Räume beschallt, wo man noch eine Ahnung erfährt, wie einfach Leben sein kann. Kurz: Das “Roß” war und ist für nicht wenige Jugendliche und jung Gebliebene ein (zweites?) Wohnzimmer.
Das Gasthaus und sein Wirt haben Krisen überstanden – nicht zuletzt einen Brand – und alle Herausforderungen gemeistert. Auch jene, die Behörden gestellt haben. Die nächste Herausforderung könnte der Blick in die Zukunft aufwerfen: Wie geht’s weiter, wenn Walter mal nicht mehr hinterm Tresen steht, die Öfen schürt und Brennholz macht, die Bands organisiert und das Sammelsurium im und ums Haus pflegt? Also wenn im “Roß” nicht mehr Walters unverwechselbare Aura vorherrscht? Die Gäste haben sich Gedanken gemacht und den Verein Musikkultur Immeldorf e.V. gegründet. Ihm ist Erfolg zu wünschen.
Die Voraussetzungen sind gut, wie nicht zuletzt die vielen Besucher*innen (geschätzt zwischen 25 und 87 Jahren) im Bürgertreff gezeigt haben. Mit Applaus dankten sie dem Filmproduzenten Thomas Kupser und dem Protagonisten Walter Hertle, der am Ende des Films vor die Leinwand kam und sich beim Gespräch mit Gästen noch ein Bier schmecken ließ.